In Lauenburg fühlte ich mich recht wohl und man spürte förmlich die Nähe von Hamburg. An der Elbe kann es zu Hochwasser kommen, daher ist dort alles auf wechselnde Wassertiefen und Hochwasser eingestellt. Im unteren Teil von Lauenburg finden sich noch viele alte Häuser und es gibt dort Restaurants. Einkaufen musste ich im weiter oben gelegenen Teil der Stadt, wegen der Hitze kaufte ich nur leichte Sachen ein. So hatte ich später in Braunschweig tatsächlich nichts mehr zu trinken an Bord, selbst das Bordwasser war dann zu Ende gegangen.

Marina in Lauenburg 
Lauenburg und Elbe 
Die Weiterfahrt danach war der gefährlichste und schwierigste Teil meiner bisherigen Fahrt. Auf der Elbe ging es zunächst problemlos in kurzer Fahrt zur Abzweigung zum Elbe-Seiten-Kanal (ESK).
Dort wurde es sehr schmal, der Kanal hat dort eine seitliche schräge Steinböschung. Gleich kam mir ein Frachtschiff entgegen, und eines überholte mich gleichzeitig (eigene Geschwindigkeit: 8 kmh) auf dem Weg zum Schiffshebewerk Lüneburg. Dem Überholer waren meine 8 kmh zuwenig. Ich wich vorsichtig nach Steuerbord (rechts) ab, und knallte wegen der Bugwelle und Wasserabsenkung gleich dreimal heftig mit dem Kiel auf die Steine. Das Echolot meldete trotzdem 2 m, weil es etwas seitlich gesetzt ist und die Böschung unter Wasser das Echo täuscht. Musste während der Fahrt in Sekunden die Bilge checken wegen möglichen Wassereinbruchs. Zum Glück trocken. Die dritte Grundberührung war so heftig, daß das Boot stark nach vorne nickte.


Schaden am Kiel nach drei heftigen Grundberührungen
Danach kamen wieder ein Überholer und ein Entgegenkommer. Diesmal wollte ich nicht mehr ausweichen, konnte es einfach nicht. So wechselte ich kurz vor dem Überholer die Seite und liess ihn mit niedriger Drehzahl passieren, während der Entgegenkommer immer näher kam, und ich zurückwechseln konnte. Der Entgegenkommer brüllte mich auch gleich von seinem Fahrerhaus aus an, obwohl ich eigentlich alles gut im Griff hatte. Bei späteren Begegnungen dieser Art habe ich – wenn möglich – manchmal in Wendebecken oder Hafeneinfahrten das Fahrwasser verlassen um mich in Sicherheit zu bringen. Zu dieser Zeit hatte ich noch keinen SRC-Funkschein. Inzwischen hätte ich vorab versucht mich abzusprechen. Was hat ein Frachter davon wenn er 5 Minuten Zeit verliert?
Insgesamt war der ESK ein eher langweiliger Kanal, auf dem kleine Boote stellenweise sehr aufpassen müssen. Binnenschiffer sind im Bereich der Elbeeinmündung nervös, müssen aber auch extreme Manöver fahren. Das Schiffshebewerk war beeindruckend: in kurzer Zeit wurden wir hochgehoben (schätze > 20m), und plötzlich hatte man eine Sicht auf die Umgebung wie von einem Hochhaus.
Es wurde immer heisser und ich hatte zu wenig zu trinken eingekauft. Unterwegs machte ich kurz einen Stopp um noch einmal die Bilge zu checken. An der abgelegenen Anlegestelle gab es große Aufregung: bei einem Motorboot war der Motor regelrecht geplatzt: Kühlwasser und Öl liefen ins Boot. An Bord war ein Pärchen und der Mann schwamm mit einer Leine ans Ufer und konnte sein Boot hinterherziehen. Gleich überlegten alle vor Ort was man tun konnte. Ich konnte nicht abschleppen. Aber eine entfernte Marina wurde angerufen und nach einer Stunde war plötzlich eine große Motoryacht da mit zwei feiernden Familien. Gut gelaunt wurde der Havarist dann auf den Haken genommen. Vorher schenkte man mir noch Melonen, ich war richtig gerührt, denn das Geschenk kam von dem Pärchen dessen Boot nun einen teuren Motorschaden hatte.

Warten auf Abschlepper 
geschenkte Melonen bei großer Hitze
Kurz vor Braunschweig ging es vom Elbe Seiten Kanal in den Mittellandkanal (MLK), der mich dann weit in Richtung Westen gebracht hat. Der Mittellandkanal ist recht viel befahren und ist an sich problemlos. An Schleusen kann ich mich ausser der Schleuse Anderten bei Hannover nicht erinnern. An einigen Stellen ist das Wasser (wie auch manchmal im ESK) relativ schmutzig und stinkt regelrecht über mehrere hundert Meter. In der Nähe von Städten springen Kinder gerne vorm Boot ins Wasser und Leute in sehr kleinen Booten sind unterwegs und ab und zu kreuzt jemand mit schwimmenden Hund den Kanal. In Braunschweig traf ich meine liebe Kusine Ela, die große Mengen Getränke und Lebensmittel eingekauft hatte. Kurz vor Hannover kommt Kusin Stephan und hilft in der Schleuse Anderten, vor der ich (mit 350+ Schleusen Erfahrung) etwas Bammel hatte. Dann geht es in aufregender Fahrt quer durch Hannover. Das habe ich (wie Münster) in sehr guter Erinnerung. Ein paar Tage bin ich im Yachtclub geblieben, wo eine nette Stimmung war. Jeder Hafen, jede Marine hat so eine eigene Stimmung, die schwer zu beschreiben ist. Bei Kusin Thomas habe ich zwei Nächte übernachtet und wir haben uns was zu essen gemacht. Danach geht es mehrere Tage immer weiter und weiter Richtung Westen über Minden, wo man die Porta Westfalika sieht und in einer Trogbrücke über die Weser fährt. Dann kommt das „nasse Dreieck“ und es geht links ab in den Dortmund Ems Kanal (DEK).

Stadthafen Hannover: gute Stimmung 
mit Stefan in der Schleuse Hannover-Anderten 
Über den Dortmund Ems Kanal (DEK) kam ich am frühen Abend bei großer Hitze nach Münster. Kurz nach der Münster-Schleuse wurde es immer voller: hunderte von Erwachsenen und Kinder waren im Wasser oder am Wasser unterwegs. Alle schienen gute Laune zu haben. Schlauchboote und Luftmatratzen waren unterwegs, und dazwischen in langsamer Fahrt Frachtschiffe und Sportboote. Hin und wieder musste ich hupen, so dicht kamen die Kinder vor den Bug. Dann gings nach ca 2 Kilometern rein in den Stadthafen von Münster, wo ich etwas erschöpft bei hunderten gut gelaunten Hafenbesuchern anlegte. Mehrere Leute wollten gleich wissen wo ich herkomme und halfen beim festmachen. Abends zog immer wieder die MS Günther vorbei, voller tanzender Leute ohne Schutzmaske. Die MS Günther ist nach dem Fernsehmoderator Günther Jauch benannt und der Schiffseigner gewann einmal eine Million Euro beim RTL-Wettbewerb „Wer wird Millionär“. In Münster konnte ich endlich zum Friseur und einkaufen. Es waren sehr schöne Tage.

mitten in Münster 



Münster 