weisser Rauch: schlechte Nachrichten

Gelegentlich ist ja weisser Rauch ein gutes Zeichen. Bei Bootsmotoren aber nicht. Jeden Tag fiel mir bereits im canal du nord abends zunehmender weisser Rauch auf, der im Kielwasser aus dem Unterwasserauspuff kam. Nur ein wenig, aber immerhin. Abends mehr als morgens. Wenn es kälter war, dann deutlicher sichtbar. Parallel stieg langsam die Motortemperatur an. Von den normalen 68 Grad gings nun auf über 70 Grad. 70 Grad sind für einen Dieselmotor allerdings kein Grund für Sorgen. Parallel dazu wurde es langsam wärmer und die Wasserpflanzen nahmen immer mehr zu. Bei einem Anlegemanöver merkte ich deutlich wie die Schraube die Wasserpflanzen aufwickelte und die Drehzahl runter ging. Mit vor-und-zurück wurde es etwas besser. Dann wurde das Kühlwasser in kleinen Schritten (sozusagen linear) noch heisser, es ging in Richtung 80 Grad. Das war definitiv mehr als sonst. Ich musste sehr langsam fahren um die Temperatur bei 80 Grad zu halten. Ich vermutete die Ursache in der Erwärmung des Kanalwassers sowie Pflanzen in der Schraube. Mit Sorgen fuhr ich erstmal vorsichtig weiter.

Es ging dann links in den canal lateral a l’Oise, wo ich gleich in Pont L’Eveque (nein, von hier kommt der berühmte Camembert nicht, der kommt von hier) in der Nähe von Noyon anhielt. Ab hier muss man die Schleusen selbst fernsteuern oder bedienen, es wird etwas flacher und der Schiffsverkehr geht gegen null. In Pont L’Eveque kam mir gleich eine alte Frau entgegen: „Oh, Sie haben aber gearbeitet!“ Ich guckte an mit runter und sah mich unrasiert mit meinen verschmutzten Hosen schon als eine Art Clochard der Kanäle. „Ich habe früher auch auf einer Peniche gearbeitet. Hier finden Sie nix! – alles zu oder für immer zu, ausser der Bäcker!“ So war das auch. Nur Bäcker und eine Kneipe hatten auf. Kein Bankschalter zum Geldabheben. Allerdings war da doch noch ein altmodisches Trockendock. Im Portemonnaie fand sich noch ein kleiner zerknüllter 5-Euro Schein. So setzte ich mich nach etlichen Tagen an Bord erstmal in die Kneipe. Besser gesagt: davor. Denn jetzt im Juni 2021 ist überall die „Innengastronomie“ verboten. Es gilt auch noch die Ausgangssperre ab 23 Uhr.

Dann ging es Richtung Osten. Parallel fuhr ein Auto der Schiffahrtsverwaltung hinter mir her. Man wollte gucken wo ich hinwollte. An der Schleuse zum noch kleineren canal de l’Oise a l’Aisne tauchte der Mann von der Schleuse aus Pont L’Eveque wie aus dem nichts auf. Dieser Kanal ging Richtung Süd-Ost und war noch schmaler, aber tief genug.

auf dem Weg von Bourg et Comin nach Berry au bac

Die Wasserpflanzen wurden immer dichter, Äste der Bäume kratzten gelegentlich an Deck. Es ging viele Kilometer durch Wälder und es wurde richtig einsam. Ich hielt nach circa 5 Km an einem alten Silo an und tauchte erstmal unters Boot. Die Schiffsschraube war gar nicht mehr zu sehen: ein einziger dicker grüner Klumpen. Aber alles liess sich mit dreimal tauchen komplett entfernen und Angelschnüren fanden sich zum Glück nicht. Hier ein Video von einem anderen, ähnlichen Tauchgang. Dabei fanden sich nur wenige Wasserpflanzen am Propeller:

Mit einem Schraubenzieher konnte ich keine Fremdkörper im Seeventil für das Kühlwasser finden. Etwas erleichtert vielleicht den Grund für die Motorerwärmung gefunden zu haben, konnte ich besser schlafen. Am nächsten Tag ging es durch einen über 2 Km langen Tunnel weiter. Die Lüfung war im Tunnel nicht eingeschaltet und es roch bedenklich nach Dieselabgasen. Immer noch kam der weisse Rauch hoch, den ich als Dampf ansah. Weiter ging es nach Bourg et Comin, in langsamster Fahrt. Den Motor musste ich wegen hoher Temperatur im Leerlauf laufen lassen und machte nur noch 2-3 km/h Fahrt. In Bourg et Comin ist ein kleines Wasserkraftwerk und eine Anlegemöglichkeit mit Trinkwasser. Alles umsonst. Ich werde mich irgendwann mit einem Brief bei der kleinen Gemeinde dafür bedanken. Es herrscht hier aber eine starke Strömung und ich konnte hier nicht tauchen, auch weil das Wasser undurchsichtig/lehmfarben war. Ich baute den Impeller aus der Wasserpumpe aus: er war in Ordnung.

Ich machte den Schlauch hinter der Pumpe ab und bei Motorlauf kam ein kleiner Wasserstrahl raus. Hmm… Normal oder zu wenig? Ich wechselte das Öl: kein Wasser drin, also offenbar kein Problem mit der Zylinderkopfdichtung. Auch kein Kühlwasserverlust. Das Kühlwasser spülte ich dreimal durch und liess Trinkwasser aus dem Hahn durch den Wärmetauscher laufen. Dann fuhr ich noch einmal mit 80 Grad 2 km zurück zu einen provisorischen Anleger und tauchte wieder in durchsichtigem Wasser ohne Strömung. Diesmal nahm ich den längsten Schraubenzieher mit und entdeckte ganz oben im Seeventil was „weiches“. Ich machte am Seeventil innen den Schlauch ab und: … es kam kein Wasser rein! (Mit dem dicken Schraubenzieher hatte ich angesammelte Pflanzen und Holzreste hoch gedrückt). Mir kam die Idee am Anleger mit Druck vom Trinkwasserhahn das Ventil von innen zu reinigen/spülen. Aber das hätte 2 Kilometer Fahrt ohne Frischwasserkühlung bedeutet. So versuchte ich von innen das Ventil zu reinigen. Nach einer Viertelstunde kam ein Stück Holz zum Vorschein und jede Menge Pflanzen. Und das Kanalwasser schoss nun endlich rein. Noch ein Test hinter der Pumpe: auch hier kam Wasser mit Druck raus.

Hier der Vergleich: zuerst der normale Pumpbetrieb:

Zum Vergleich: mit teilweise verstopftem Seeventil (bevor ich mit dem Schraubenzieher das Ventil von unten noch mehr verstopft hatte):

Mit kühlen 68 Grad fuhr ich erleichtert wieder nach Bourg et Comin zurück. Der weisse Rauch war also offenbar Wasserdampf. Die Pumpe förderte mehrere Tage lang nur wenig Wasser, welches sich im Wärmetauscher übermässig erhitzte und bei Mischung mit den Abgasen zum Teil verdampfte. Ein Glück daß der Impeller durchhielt! Denn die gehen gerne beim „Trockenlaufen“ kaputt. Ich hatte zwar bei Ebay zwei Ersatzimpeller gekauft mit der Beschriftung „Yanmar 2GM / 3GM“. Aber sie hätten nicht gepasst, denn sie sind zu klein. Es bleibt der Verdacht, dass mir zwei falsche Impeller verkauft wurden, denn meine Wasserpumpe sieht genauso aus aus wie im Motorhandbuch.

von oben

Wichtig: tauchen nur wenn man das auch kann! Nicht tauchen bei laufendem Motor, bei Dunkelheit, wenn Frachtschiffe nahe kommen können, man kurz zuvor viel gegessen hat, krank ist oder eine starke Strömung herrscht! Wenn es möglich ist: nie alleine tauchen und nur im sauberen, sichtigem Wasser.

Ich werfe immer einen zweiten Anker über Bord, so nahe wie möglich an der Stelle wo ich unter Wasser hin will. So kann ich an der Leine ruck zuck runter kommen, und kann schnell wieder rauf. Manchmal werfe ich noch eine zweite Leine aus, nach hinten oder auf die andere Seite. Am besten mit Flossen tauchen (habe ich diesmal vergessen), und wenn die Sonne scheint wegen der Sicht. Wenn man Glück hat, reicht das Sonnenlicht um auf Anhieb Propeller und Ruder gleich beim Eintauchen zu sehen. Bei langen Haaren und eventueller Bekleidung aufpassen: man kann sich irgendwo verhaken. Die Leine hilft auch bei der Orientierung. Zweimal auf dieser Reise verlor ich in schmutzigem Wasser mit Sichtweite von 50 cm die Orientierung und kam unerwartet auf der gegenüberligenden Seite unter dem Boot wieder raus. Bei einem Tauchgang habe ich sofort überhaupt nichts mehr gesehen und musste mich blind vorantasten, alleine. Wenn man auf der falschen Seite wieder herauskommt kann es gefährlich werden wenn das Boot dicht an Land liegt. Dann kommt man nicht mehr hoch, man kann sich vielleicht nicht zwischen Rumpf und Land hochzwängen. In diesen Situationen kann man in Panik geraten und mit dem Kopf an Ruder, Propeller oder Rumpf anstossen und sich verletzen oder bewusstlos werden. Daher: immer alles langsam und mit Planung machen und erst einmal einen kurzen Test-Tauchgang machen um alles zu checken. Die Arbeiten unter Wasser kann man sich in kleine Häppchen aufteilen.

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