Hervorgehobener Beitrag
Die Zeiten der Corona-Pandemie in Imperia Anfang 2020
Im Frühjahr 2020 wurde auch Ligurien und Imperia von der Pandemie betroffen. Bis dahin glaubten wir noch daß wir verschont sein werden und beobachteten aufmerksam die Lage in der Po-Ebene und in Bergamo. Der eine oder andere hängte Transparente am Balkon auf: „tutto andra‘ bene“ (alles wird gut werden).

Als mehrere Gemeinden in der Lombardei abgeriegelt wurden, flohen regelrecht Familien nachts im Auto zu uns an die Küste. Auch kamen ganze Reisegruppen mit dem Bus bei uns an, keiner verstand wie das möglich war. Sie quartierten sich endlang der Küste in den vielen Hotels ein, die sowieso auf die Wintererholer und Rentner aus dem Norden eingestellt waren. Und es dauerte nur wenige Tage bis die ersten Infizierten in diesen Hotels bekannt wurden. Auch wenn anfangs die Namen der Hotels und Orte nicht genannt wurden, kamen diese ans Licht. Es folgten Abriegelungen der Pensionen und Hotels und es folgten agressive Reaktionen und Beschimpfungen in unserer eher konservativ eingestellten Region. Das Fernsehen organisierte Fernsehübertragungen vor den Hotels, und einzelne Gäste wurden dabei aus der Distanz per Handy interviewt.
Dann kam auf einmal unangekündigt der Lockdown. Einen Tag lang glaubten wir noch nicht was da auf uns zukam, in den Bars sah man aber immer weniger Leute. Wir blieben nun zu Haus. Man sah nun überall die Nachbarn auf den Balkonen. Der eine oder andere lies manchmal vom Balkon Musik laufen.
Im Privatfernsehen wurde mehrfach eine Art Propagandavideo gesendet:
Die ersten holten sich Schals und mummelten sich ein. Am nächsten 2. Tag war schon alles zu, auch die Bars. Wir durften nur noch auf dem kürztesten Weg in das nächste Lebensmittelgeschäft oder in die Apotheke. Und das wurde geprüft. Mehrmals wurde ich auf dem Weg angehalten, musste mich ausweisen und den Weg begründen. Als ich einmal am Meer stehenblieb und etwas traurig zum abgesperrten Strand herunterblickte, hielt gleich eine Streife an: was machen Sie da? Sind Sie krank weil sie stehenbleiben? Gehen Sie nach Hause! Artikel aus dem Baumarkt wurden als eine Art Schmuggelware unter der Hand heimlich angeboten, wenn man die richtigen Kontakte hatte.
Jetzt wurden die Parkplätze und Gehwege mit weissrotem Flatterband abgesperrt. Müll rausbringen war schon ein Problem. Hier sind Bilder von Autofahrten zu einem Supermarkt und wieder zurück, die die völlig leeren Strassen zeigen.
Die protezione civile (Zivilschutz) war nun aktiv. Aber was kann diese gegen ein Virus machen? So fuhren sie mehrere Tage lang mit Martinshorn herum und spielten die Nationalhyme (inno di Mameli). Das führte aber eher zu Verunsicherung als Beruhigung. Hier ein Video, welches ich aufgenommen habe:
Hier ein Beitrag im örtlichen Privatsender Imperia TV:
Langsam gewöhnte man sich an die Lage. Man gewöhnte sich daran immer wieder die Straße zum laufen zu benutzen, wo die Gehwege abgesperrt waren.
Man wechselte auch nicht mehr die Strassenseite wenn jemand entgegen kam, wie ganz am Anfang. Einen richtigen Schreck bekam ich, als ich mich zufällig als Spiegelbild in einem Fenster vom Auto sah. Wir brauchten eine Zeit um uns im März 2020 an die Masken zu gewöhnen:
So dachte ich immer häufiger darüber nach wie ich nach Deutschland kommen konnte. Dort schien alles einfacher zu sein. Die Grenzen zu Österreich und der Schweiz waren geschlossen. Aber die Grenze nach Frankreich, über Menton, war offen.
So fuhr ich eines Tages ganz früh los, noch im dunklen. Vorher hatte ich mir eidesstattliche Selbsterklärungen ausgedruckt, eine für Italien und eine für Frankreich. Mit dabei hatte ich noch etwas Müll den ich bis dahin immer nachts rausgebracht hatte. In der Dunkelheit packte ich das Auto, fuhr unter einem Flatterband durch zum Hafen wo ich den Müll bei den großen Yachten in einem Mülleimer lassen konnte. Dann fuhr ich zu einer Tankstelle, die Kreditkarten akzeptiert und tankte voll. Auf leeren Strassen gings zur Autobahn, die Polizei kontrollierte nur die ankommenden Fahrzeuge und so kam ich gleich auf die Autobahn. Auf den 80 Kilometern bis Frankreich sah ich nur ein Auto, und ansonsten ein paar LKW. An der französischen Grenze wurde ich gestoppt. Nach zehn Minuten durfte ich einreisen, allerdings sollte ich nicht anhalten sondern bis zur deutschen Grenze durchfahren. Dann gings von Nizza durch die Provence hoch nach Grenoble, durch teilweise abgelegene Gebiete bis zur Autobahn und dann weiter zur deutschen Grenze, wo ich gegen zwei Uhr morgens ankam. Vorher bemerkte ich dass sich auf der Autobahn kurz vor der Grenze einige Autos mit deutschen Kennzeichen sammelten. An der Grenze war alles mit Scheinwerfern hell erleuchtet. Ich wurde dann für eine Art Pendler gehalten und gefragt ob ich gearbeitet hätte. Da fiel mir ein dass ich in meiner Wohnung gearbeitet hatte und nickte. So kam ich ganz einfach nach Deutschland. In Niebüll, an der Autoverladung des Sylt-Shuttle war dann erstmal Schluss und ich musste bei der Polizei nachweisen Sylter zu sein. Meinen Ausweis wollten sie nicht berühren, ich musste ihn mit ausgestrecktem Arm aus dem Fenster halten. Ich hatte vorher noch etwas eingekauft und meine Maske noch an, an die ich mich gewöhnt hatte. Im Geschäft war ich aber der einzige und alle wichen mir aus, dachten ich wäre infiziert. So wurde mir meine zweite Quarantaine aufgebrummt, die ich zu Hause abgesessen habe. Ein Freund brachte mir die Einkäufe.
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