Heute erlebte ich leider zwei unangenehme und traurige Augenblicke. Am nördlichen Eingang des rund einen Kilometer langen Tunnel Panneterie bei km 78 sah ich ein schwimmendes Reh im Kanal. Die Tage zuvor hatte ich bereits rund zehn tote Rehe im Wasser gesehen, sowie andere ertrunkene Tiere. Die Tiere wollen vielleicht den Kanal überqueren oder sie suchen nach Trinkwasser. Sie rutschen die schräge Betonwand hinab und können nicht mehr an Land klettern. Im nördlichen Teil des canal du nord gibt es streckenweise kleine Rampen für Tiere. Diese werden vor allem von den Enten genutzt. Für Menschen die ins Wasser fallen gibt es Metallhaken mit Querstreben zum Anlandgehen.

rechts ist das Reh zu sehen, ich habe das erst später auf dem Foto erkannt 
Das Reh schwimmt erst weg, kommt näher..
Als ich das Reh sah, bemerkte ich gleich daß es sehr erschöpft war. Es muss lange Zeit versucht haben aus dem Wasser zu kommen. Ich nahm im Leerlauf Kurs auf das Reh, welches im Tunnel verschwand. Ich folgte vorsichtig und das Reh kam zurück und ich musste im Tunnel langsam rückwärts raus. Mit dem Heck kam ich dem Reh langsam immer näher. Für einen Augenblick schwamm es zum Boot und ich hätte es leicht reinheben können. Als es meine Bewegung sah, bekam es Angst und entfernte sich. Dann schwanden seine Kräfte und der Kopf ging unter Wasser. Ich konnte nicht einfach reinspringen, zog das Tier aber an den Hinterbeinen rein, das Boot stiess inzwischen irgendwo leicht an eine der Betonwände an. Aber es war für 30 Sekunden zu spät: es atmete an Bord nicht mehr. Ich hob es an den Hinterläufen hoch um Wasser aus den Atemwegen laufen zu lassen und machte einige Minuten Herzdruckmassage. Aber ich bekam den Kreislauf nicht mehr in gang. Es starb bei mir an Bord. Unsere gemeinsame langsame Fahrt durch den dunklen Tunnel erinnerte dann irgendwie an eine Art Beerdigungsfahrt. Vielleicht so wie sie in Venedig ablaufen würde. In Noyon habe ich das Reh an Land gebracht, in der Nähe eines Waldes. Da liegt es nun, neben einigen roten Blumen. In Noyon hatte ich die VNF angerufen, die wollten mit dem toten Tier nichts zu tun haben. Beim Rathaus lief der Anrufbeantworter und im Tierheim ging niemand ans Telefon, genauso wie beim örtlichen Jägerverein von Noyon.
Mitten im Tunnel der nächste Horror: dort lag ein kleiner Baumstamm mit Ästen dran. Deutlich war zu erkennen daß das Holz schon lange im Wasser war. Ich konnte hier nicht – wie sonst üblich – ausweichen. So kuppelte ich aus und rumpelte über das Holz. Aber: es kam nicht mehr im Heckwasser zum Vorschein! Was tun? Ich wartete noch eine Minute und kuppelte vorsichtig ein und es krachte gleich fürchterlich. Aber ich hatte ein Riesenglück: Schraube, Getriebe und Motor (hallo Yanmar) überstanden das offenbar ohne Schaden. Und das Holz kam nun wieder zum Vorschein. Riesen-Glück gehabt. Auf meiner bisherigen Reise hatte es nur einmal kurz gekracht, irgendwo in Holland. Auf die Dauer ist es übrigens sehr anstrengend sieben oder acht Stunden nach Holz, alten Seilen und Müll Ausschau zu halten. Manchmal schwimmt Holz sogar ganz dicht unter der Wasseroberfläche. In Sizilien hatte ich im Hafen von Trapani mal eine alte Leine erwischt, die sich um den Propeller wickelte. Hier auf den Flüssen und Kanälen gilt eine Art private Regel: wo Holz herumschwimmt, findet sich fast immer noch mehr davon.

Mann, totes Reh und Boot im Panneterie-Tunnel
Hallo Micha, Dank Dir! Hänge leider gerade mit einem Kühlwasserproblem in der Einsamkeit fest. Aber das Wetter ist gut und…
Was für eine traurige Geschichte… dich da Du verschont geblieben bist, hat sie wenigstens ein (kleines 😉 Happy End. Gute…

Was für eine traurige Geschichte… dich da Du verschont geblieben bist, hat sie wenigstens ein (kleines 😉 Happy End. Gute Weiterfahrt!
Micha
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Hallo Micha, Dank Dir! Hänge leider gerade mit einem Kühlwasserproblem in der Einsamkeit fest. Aber das Wetter ist gut und irgendwie wird sich eine Lösung finden. Und morgen gehe ich bei Deinem Blog schauen. Michael
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